Stand: 24.02.2022 | Liebe Soloselbstständige, im Folgenden findet ihr ausführliche Informationen zum Abrechnungsverfahren der IFB Hamburg zu den Corona-Soforthilfen aus dem Frühjahr 2020 aus unserer Sicht.
Informationen zu allen anderen Hilfen, wie z.B. der Neustarthilfe, zu denen es ebenfalls Überprüfungsverfahren und Rückforderungen gibt bzw. geben kann, findet ihr auf unserer bundesweiten Selbstständigen-Website unter: https://selbststaendige.verdi.de/beratung/corona-infopool/++co++aa8e1eea-6896-11ea-bfc7-001a4a160100.
Bzgl. des Abrechnungsverfahren der IFB Hamburg zu den Corona-Soforthilfen aus dem Frühjahr 2020 gilt zuallererst, dass vieles im Zusammenhang damit im Moment rechtlich noch ungeklärt ist, weil es so eine Förderung bisher noch nie gab und sie von der Politik mit ziemlich heißer Nadel gestrickt wurde.
Unsere folgenden ver.di-Informationen gründen auf rechtlichen Einschätzungen, die unsere politische Haltung widerspiegeln - und sich deshalb mit ggf. anderen rechtlichen Einschätzung politisch anders (oder gar nicht) positionierter Institutionen nicht zwingend decken (und damit teilweise auch nicht mit den Hinweisen/Auslegungen der IFB).
Wir weisen euch deshalb im Folgenden jeweils darauf hin, an welchen Stellen wir eine andere Haltung haben als die IFB und warum.
Ihr für euch müsst entscheiden, ob ihr unsere Argumentation für schlüssig haltet und sie bei eurer Abrechnung der IFB gegenüber, für die ihr am Ende alleine verantwortlich seid, zu Grunde legen wollt oder nicht.
Wichtig ist in diesem Fall – und im Übrigen für eure gesamte Abrechnung – vor allem eins: ihr müsst eure Angaben stets so transparent wie möglich machen und sie dürfen keine Falschangaben enthalten – d.h. ihr müsst eure Angaben immer irgendwie belegen und begründen können – um zu verhindern, dass die IFB euch ansonsten Subventionsbetrug vorwerfen könnte (siehe dazu unsere näheren Ausführungen am Ende von Punkt 6).
Die IFB kann das dann immer noch anders sehen, und entsprechende Posten eurer Abrechnung nicht anerkennen – und ihr euch mit ihr per Widerspruch und/oder Klage streiten.
Da es bisher keine Präzedenzfälle gibt, die zur Orientierung in Streitfragen dienen können, weiß im Moment niemand, welche Einschätzungen bei einem Streit mit der IFB am Ende vor Gericht stand halten.
An den von uns hier im Text angesprochenen Stellen halten wir jedoch unsere Argumentation für gut genug, den Versuch zu wagen, am Ende unsere politische Haltung dadurch auch rechtlich bestätigt zu bekommen. Getreu dem Ansatz, dass wer nicht kämpft schon verloren hat. Aber mit dem klaren Hinweis, dass wer kämpft, am Ende eben auch verlieren kann.
Ob ihr diesen Streit eingehen wollt, müsst ihr deshalb in jedem Einzelfall selbst entscheiden, da es sich in dieser Angelegenheit um eine individualrechtliche Streitigkeit handelt und jede Klage einzeln geführt werden muss.
Bereits bei Antragsstellung im letzten Jahr gab es den Hinweis, dass bei Bewilligung der Förderung alle Empfänger_innen verpflichtet sind, nach Ende des Förderzeitraums zu überprüfen, ob die Fördersumme in dieser Zeit auch tatsächlich vollständig zur Sicherung der Liquidität benötig wurde und einen evtl. nicht dafür benötigten Anteil der Fördersumme zurückzuzahlen.
Wir sind bisher immer davon ausgegangen, dass die IFB dazu am Ende nur stichprobenartige Prüfungen vornehmen wird – es ist jetzt aber so, dass wohl tatsächlich eine flächendeckende Prüfung aller Bewilligungen erfolgt.
Die IFB schreibt aber, dass unabhängig vom jetzigen Zeitpunkt der Überprüfung eine evtl. Rückzahlung nicht zwingend sofort erfolgen muss, sondern sie „umfassende Möglichkeiten von Stundungen und Ratenzahlungen vorsehen werden, um Ihnen die aktuell weiter heraufordernde Situation des Neustarts nach dem Lockdown nicht unnötig zu erschweren“.
Das heißt, im Moment geht es erst mal darum, dass ihr euch selbst und im Austausch (ggf. auch im Streit – dazu später mehr) mit der IFB klar werdet, ob es überhaupt zu einer Rückzahlung kommen muss und wenn ja in welcher Höhe. Die Frage, wann und wie ihr dann ggf. in der Lage seid, diese Rückzahlung auch tatsächlich zu leisten, wird erst im Nachgang zu klären sein – auch dazu später mehr.
Die Corona-Soforthilfe in Hamburg war gesplittet in die Bundeshilfen und die zusätzliche Förderung aus Landesmitteln und in beiden Fällen für den Zeitraum von 3 Monaten ab Antragsstellung gedacht, wobei der Antrag bis spätestens 31. Mai 2020 gestellt werden konnte.
Für Soloselbstständige gab es aus Landesmitteln pauschal 2500 Euro, die unabhängig von einem tatsächlichen Liquiditätsengpass ausschließlich zur Kompensation von Umsatz- und Honorarausfällen aufgrund von Corona dienen sollten.
Aus Bundesmitteln kamen dazu noch bis zu max. 9000 Euro zusätzlich für einen evtl. sogenannten Liquiditätsengpass dazu.
Ein Liquiditätsengpass ist dadurch gekennzeichnet, dass die betrieblichen Ausgaben am Ende die Einnahmen im gleichen Zeitraum überschreiten und somit nicht ausreichend Liquidität vorliegt, um alle betrieblichen Ausgaben zu decken.
Genau für eine solche Differenz, also das, was ihr an laufenden und krisenbedingten betrieblichen Ausgaben aus euren Einnahmen im Zeitraum von 3 Monaten nach Antragsstellung nicht decken konntet, war die Förderung gedacht. Und daran bemisst sich nun eben auch die Frage, ob die Differenz vllt. jetzt im Nachhinein gar nicht so groß war, wie damals bei Antragsstellung befürchtet, beantragt und als Förderung bewilligt.
Für alle, die max. 2500 Euro an Soforthilfe bekommen haben, entfällt die Überprüfung durch die IFB. Ihr könnt also hier aufhören zu lesen ;-))
In diesem Fall ist die IFB aufgrund eurer Angaben bei der Antragsstellung davon ausgegangen, dass ihr einen coronabedingten Liquiditätsengpass in den 3 Monaten danach zu erwarten habt und prüft jetzt nach, ob dieser Liquiditätsengpass auch tatsächlich so hoch (oder ggf. sogar höher) war, wie damals angenommen wurde oder womöglich geringer. Im letzten Fall fordert die IFB den Teil der Fördersumme, der über den tatsächlichen Liquiditätsengpass hinaus geht, zurück – weil laut den Förderrichtlinien eine „Überkompensation“ nicht eintreten „darf“.
Ihr solltet in einem solchen Fall aber immer auf einen expliziten Rückforderungsbescheid oder eine andere entsprechende Aufforderung nach Prüfung durch die IFB warten, bevor ihr tatsächlich etwas zurückzahlt. Erhaltet ihr keine explizite Aufforderung oder kein weiteres Schreiben, ist laut Angaben der IFB auch keine Rückzahlung erforderlich. (Und gebt euch gar nicht erst den Illusionen hin, dass ihr in dem Fall, in dem euer Liquiditätsengpass am Ende höher war als die Fördersumme, die ihr bekommen habt, jetzt womöglich noch zusätzliche Hilfen bekommt – das ist leider nicht der Fall.)
Sofern auf eurem Bewilligungsbescheid (falls ihr überhaupt bisher einen erhalten habt) kein konkreter Förderzeitraum explizit angegeben war, müsst ihr für euch individuell den Förderzeitraum berechnen, weil ihr genau für diesen Zeitraum den Liquiditätsengpass und eine evtl. „Überkompensation“ durch die Förderung berechnen müsst.
Auf der Website der IFB, auf der die Hilfen angekündigt und erklärt wurden, steht dazu:
„Was fördern wir? Die Zuschüsse werden zur Überwindung eines existenzbedrohlichen Liquiditätsengpass gewährt, der durch die Corona-Krise nach dem 11. März 2020 entstanden ist. Die Förderung dient zur Deckung des aufgetretenen Liquiditätsengpass für drei aufeinander folgende Monate ab Antragstellung.“
In der jetzt vorgelegten Ausfüll- und Erklärungshilfe schreibt die IFB:
„1. Förderzeitraum
Die Daten sind für den im Erstantrag genannten Förderzeitraum zu erfassen. Der Förderzeitraum beginnt grundsätzlich mit dem Monat der Antragstellung, d.h. dieser Monat wird voll mitgezählt und bezieht sich auf volle drei Monate. Sofern der Antragsteller bei Einreichung des Erstantrags ausdrücklich den Beginn seines Förderzeitraums für den Folgemonat („ab Folgemonat“) beantragt hat, so wird die Berechnung des Liquiditätsengpasses für die folgenden drei Monate zugrunde gelegt.“
Aus letzterem hat die IFB noch vor wenigen Wochen abgeleitet, dass bei Antragsstellung z.B. im Laufe des März die Förderung ab dem 01.03. und damit nur bis zum 31.05. gelten soll.
Das ist ja gerade in all den Fällen, die im Laufe des März beantragt haben, ein Problem insofern, als dass die tatsächlichen Einschränkungen und damit auch die Liquiditätsprobleme frühestens nach dem 11.03. entstanden sind und dann bei Beginn des Förderzeitraums auf Anfang März mind. ein halber Fördermonat „entfällt“. Und diese Auslegung widerspricht aus unserer Sicht der ursprünglichen Formulierung, dass die Förderung für drei aufeinander folgende Monate ab Antragstellung für Schwierigkeiten, die coronabedingt nach dem 11. März eingetreten sind, gelten soll, aus der wir bisher abgeleitet haben, dass es immer um genau drei Monate ab dem Tag der Antragsstellung geht.
Inzwischen hat die IFB offenbar auf unsere Hinweise hin ihre Meinung geändert und stellt seither auf Nachfrage all jenen, die ihren Antrag im März gestellt haben frei, ob der Förderzeitraum Anfang März oder erst Anfang April beginnt.
Woraus aber auch klar wird, dass die IFB immer von tatsächlich ganzen Kalendermonaten ausgeht – also entweder 01.03.2020-31.05.2020 oder 01.04.2020-30.06.2020 – ohne dass diese Regelung konkret irgendwo in den Richtlinien, FAQs oder sonstwo stehen würde. Weshalb wir es – falls das für euch im Einzelfall günstiger ist – durchaus auch für legitim halten, dass ihr eure Rückrechnung für drei rechnerische Monate ab dem Tag der Antragsstellung macht – also z.B. bei Antragsstellung am 16.04.2020 für den Zeitraum vom 16.04.2020 bis einschließlich zum 15.07.2020.
Hinzu kommt, dass für uns im Moment nicht nachvollziehbar ist, ob und wenn ja, ab wann es die Möglichkeit, einen Antrag mit Beginn „ab Folgemonat“ zu stellen (von dem die IFB jetzt in ihrer Ausfüll- und Erklärungshilfe spricht) tatsächlich gab. Wir haben nämlich den Screenshot eines Antrags, der Ende März 2020 gestellt wurde, vorliegen, auf dem es diese Auswahlmöglichkeit definitiv nicht gab.
Aus unserer Sicht für euch mehrere Möglichkeiten zur Berechnung des Förderzeitraums, die alle anerkannt werden müssten:
Möglichkeit 1:der Förderzeitraum beginnt mit dem Tag der Antragsstellung (siehe Bsp. Oben – Förderzeitraum bei Antragsstellung am 16.04.2020 damit 16.04.-15.07.2020)
Möglichkeit 2: der Förderzeitraum beginnt mit dem ersten des Monats, in dem der Tag der Antragsstellung lag (Förderzeitraum bei Antragsstellung am 16.04.2020 damit vom 01.04.-30.06.2020)
Möglichkeit 3: der Förderzeitraum beginnt mit dem ersten des Monats, der auf die Antragsstellung folgt (Förderzeitraum bei Antragsstellung am 16.04.2020 damit vom 01.05.-31.07.2020)
Aus diesen drei Möglichkeiten solltet ihr dementsprechend die für euch günstigste Variante auswählen können – es sei denn, ihr habt
Wenn ihr euren Förderzeitraum klar habt, müsst ihr für genau diesen Zeitraum eine Gegenüberstellung eurer betrieblichen Einnahmen und Ausgaben machen.
Diese Gegenüberstellung macht ihr erstmal grundsätzlich genauso, wie ihr sonst eine Einnahmen-Überschussrechnung fürs Finanzamt aufstellen würdet. Also alles, was ihr dort an Einnahmen und/oder an Betriebskosten üblicherweise ansetzt, setzt ihr hier jetzt auch an – mit der einzigen Ausnahme, dass ihr hier nicht das gesamte Kalenderjahr sondern nur die 3 Monate Förderzeitraum betrachtet.
Auch ansonsten gelten die Regeln, wie sie bei der Aufstellung fürs Finanzamt gelten würden: Es kommt bei der Frage, ob ihr Einnahmen und/oder Ausgaben angeben müsst/dürft immer auf den tatsächlichen Zahlungsausgang bzw. Geldeingang an – nicht auf das Datum der Rechnungsstellung – aber auch hier kann es aus unserer Sicht ggf. begründete Ausnahmen geben. Z.B. dass ihr aufgrund der ausbezahlten Hilfen in den drei Monaten eine Anschaffung getätigt habt, die dann aber aufgrund von Lieferschwierigkeiten ebenfalls durch Corona erst kurz nach Ablauf der 3 Monate bei euch angekommen und von euch bezahlt wurde – hier könnte aus unserer Sicht durchaus nachvollziehbar der Betrag dennoch in den 3-Monatszeitraum gerechnet werden. Auch hier gilt – ob die IFB das bei einer evtl. Stichprobenprüfung durchgehen lässt und ob ein Gericht das bei einer evtl. Ablehnung durch die IFB genauso sieht, kann heute niemand sicher sagen.
Sicher ist, dass Zahlungen, die ihr für einen längeren Zeitraum als die 3 Monate erhalten habt, genauso wie Ausgaben, die ihr für einen längeren Zeitraum als die 3 Monate getätigt habt, entsprechend anteilig angegeben werden können/müssen.
Und wenn ihr bisher 50% eures privaten DSL-Anschlusses als anteilige Betriebskosten gegenüber dem Finanzamt abgerechnet habt, rechnet ihr das auch genauso gegenüber der IFB ab.
Selbstverständlich dürft ihr nur Kosten angeben, die ihr auch tatsächlich gehabt habt bzw. die ihr anderweitig plausibilisieren könnt. Bsp: Hatten ihr keine tatsächlichen Fahrtkosten, weil ihr keine Aufträge hattet, dürft ihr anstelle dessen auch keine fiktiven Pauschalen ansetzen, die ihr nicht ausgegeben habt.
Und es ist im Prinzip total egal, ob die euch jetzt tatsächlich entstandenen Kosten bzw. erfolgten Einnahmen in Beziehung zu eurem damaligen Antrag stehen – der war ja ganz bewusst eine Vorannahme. Inwieweit diese eingetreten ist, ist irrelevant – jetzt geht es einzig und allein darum, was in dem Zeitraum tatsächlich gewesen ist.
Dazu gehören leider auch Zahlungen aus anderen Hilfsfonds wie z.B. der GEMA o.ä. – wobei es hier auch wieder wichtig ist, sehr genau zu vergleichen, für welchen Zeitraum diese anderen Hilfen bezahlt wurden. Nur für die Monate, in denen sich beide Zeiträume überschneiden, müssen die Hilfen (dementsprechend ggf. nur anteilig) angegeben werden.
Wichtig ist noch der Hinweis, dass Steuerzahlungen oder -erstattungen auf keinen Fall angegeben werden müssen. Sofern ihr umsatzsteuerpflichtig seid, führt ihr die Umsatzsteuer zwar üblicherweise in eurer Einkommens-Überschussrechnung auf – aber nur, weil ihr es da ja mit dem Finanzamt zu tun habt. Gegenüber der IFB gelten in diesem Fall ausschließlich die Nettobeträge – sowohl bei dein Einnahmen wie bei den Ausgaben. Macht ihr dem Finanzamt gegenüber die Kleinunternehmensregelung geltend und verzichtet auf eine Umsatzsteuererklärung, sind der IFB gegenüber die Bruttobeträge anzusetzen.
Genauso verhält es sich mit ALG 1 – oder ALG 2-Zahlungen – auch das sind Einnahmen, die ihr bei eurer Einkommens-Überschussrechnung dem Finanzamt gegenüber nicht angeben würdet (weil es sich um private und nicht betriebliche Einnahmen handelt) – deshalb müsst ihr sie auch der IFB gegenüber nicht angeben.
Auf der Erläuterungsseite der IFB zur Überprüfung der Corona-Soforthilfen (Hamburg Corona Soforthilfe 2020: Fragen und Antworten zum Rückmeldeverfahren | IFB Hamburg (ifbhh.de) ist eine FAQ-Liste verlinkt (3271 (ifbhh.de)), so dass wir hier keine weiteren Beispiele aufführen.
Wir gehen allerdings im Folgenden auf zwei Punkte ein, zu denen wir eine andere Haltung haben als die IFB.
Laut Angaben der IFB dürft ihr betriebliche Neuinvestitionen, die ihr während des Förderzeitraums getätigt habt, nur dann in diese Berechnung als Ausgaben mit einbeziehen, wenn sie aufgrund von behördlichen Corona-bezogenen Auflagen verpflichtend waren. Was genau die IFB darunter dann schlussendlich versteht, bleibt unklar.
Kann damit z.B. eine freie Musiklehrerin, die für ihren Unterrichtsraum Plexiglastrennwände angeschafft hat, um dort dann auch weiterhin Unterricht unter den gültigen Kontaktbeschränkungen anbieten zu können, diese absetzen? Oder fällt das womöglich nicht unter eine verpflichtende behördliche Auflage, weil keine Behörde ihr direkt und persönlich eine solche Auflage erteilt hat?
Oder was ist mit dem freischaffenden Autor, der von zu Hause aus arbeitet und Kinder hat und seine Arbeitsfähigkeit dadurch gesichert hat, dass er seine Wohnung so umgebaut hat, dass auch im Falle einer Quarantäne seiner Kinder sein Arbeitsbereich weiterhin Corona-sicher nutzbar ist? Es dann aber nie zu einer Quarantäne kam? Fehlt auch hier womöglich die direkte Auflage einer Behörde?
Und noch viel allgemeiner: was ist mit all denen unter euch, die ihre Tätigkeiten überwiegend auf Online-Formate umgestellt haben und dafür Investitionen, gleich welcher Art – sei es technisch, räumlich oder auch bzgl. eigener Fortbildung – getätigt haben? Dürfen diese womöglich nicht angerechnet werden, weil es auch dafür keine direkte behördliche Auflage gegeben hat?
Wir finden in all den Fällen (und vielen weiteren denkbaren) sind diese betrieblichen Neuinvestitionen selbstverständlich als betriebliche Ausgaben anzuerkennen, für die auch die Fördermittel eingesetzt werden durften, wenn nicht sogar sollten. Wie sonst hättet ihr eure Selbstständigkeit am Markt erhalten können?
Das ist wohl der größte Streitpunkt und aus unserer Sicht auch der erheblichste Systembruch im Zusammenhang mit der Corona-Soforthilfe.
Laut Aussagen der Bundesregierung galt für Soloselbständige und Einzelunternehmer_innen bei den Soforthilfen aus Bundesmitteln immer, dass damit nur rein betriebliche Kosten angerechnet werden dürfen und keine Kosten für den „privaten Lebensunterhalt“. Damit war auch gemeint, dass eine evtl. Eigen- oder Privatentnahme bzw. ein Geschäftsführer_innengehalt durch die Förderung nicht abgedeckt sein sollte. Immer mit dem Argument, für den privaten Lebensunterhalt könnte ja die extra dafür eingerichtete erleichterte Grundsicherung beantragt werden. In Hamburg war auch manchmal bei der Pauschalförderung von 2500 Euro für Soloselbstständige die Rede davon, dass diese „für die private Lebenshaltung“ gedacht seien.
Wir haben das von Anfang an kritisiert und vertreten hier auch nach wie vor eine andere Auffassung:
Aus unserer Sicht sind die persönlichen Lebenshaltungskosten private Ausgaben wie z.B. die private Wohnungsmiete, der Lebensmitteleinkauf und sonstiger rein privater "Konsum". Diesen Ausgaben stehen immer auch private Einnahmen gegenüber – z.B. aus einer selbstständigen oder angestellten Tätigkeit, aus Leistungen der Grundsicherung, aus Renten, durch den Erhalt von Kindergeld etc.
Beides – also die persönlichen Lebenshaltungskosten und die demgegenüber stehenden privaten Einnahmen – sind nicht deckungsgleich. Im Gegenteil - im Idealfall sind die privaten Einnahmen höher als die persönlichen Lebenshaltungskosten. Erst recht bei Selbstständigen – die ja z.B. auch Rücklagen für Urlaub, Alterssicherung etc. bilden sollten.
Insofern sind aus unserer Sicht die regelmäßigen monatlichen Entnahmen für private Zwecke aus den Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit selbstverständlich den betrieblichen Kosten zuzurechnen – das haben wir von Anfang an auch so in unseren Hinweisen zur Antragsstellung der Soforthilfen (Corona-Soforthilfen – ver.di (verdi.de)) deutlich gemacht.
In den FAQs und der Ausfüll- und Berechnungshilfe zu den aktuellen Überprüfungen schreibt die IFB nun, dass eine getätigte Eigenentnahme – sie nennen diese in Klammern sogar „sog. fiktiver Unternehmerlohn“ – von allen Gesellschafter_innen von Personenunternehmen sowie Einzelunternehmer_innen mit Mitarbeiter_innen bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses berücksichtigt werden könne, und zwar in Höhe von bis zu 1180 Euro brutto pro Gesellschafter_in und Monat. Dies sei aber bei Soloselbstständigen nicht möglich.
Eine Erklärung, warum hier ein Unterschied zwischen Soloselbstständigen ohne Mitarbeiter_innen und „Einzelunternehmer_innen“ mit Mitarbeiter_innen unterschieden wird, gibt es nicht.
Wir können nur vermuten, dass die 2500 Euro, die laut den Förderrichtlinien ausschließlich Soloselbstständige ohne Mitarbeiter_innen „neben der Förderung zur Deckung des Liquiditätsengpasses aus Mitteln des Bundes“ als „zusätzliche pauschale Förderung zur Kompensation von Umsatz- und Honorarausfällen aus Landesmitteln“ erhalten haben, insgeheim doch für die privaten Lebenshaltungskosten gedacht waren – auch wenn das aus der offiziellen Bezeichnung nicht wirklich hervor geht.
Es bleibt jedoch bei der oben beschriebenen Diskrepanz zwischen persönlichen Lebenshaltungskosten als private Ausgaben und dem eigenen Gehalt bzw. der Privatentnahme als private Einnahme. Und es besteht darüber hinaus die Ungleichbehandlung in der Höhe der Berücksichtigung dieses Eigenentnahme-Äquivalents.
Einzelunternehmer_innen mit Mitarbeiter_innen können immerhin (sofern das in der Höhe auch der durchschnittlichen Eigenentnahme in der Zeit vor Corona entspricht) bis zu 1180 Euro pro Monat für sich selbst anrechnen und bekommen das im Einzelfall auch komplett gefördert (also insg. 3540 Euro für 3 Monate). Soloselbständige dagegen – sollte die Auslegung der IFB greifen – bekommen nur max. 2500 Euro für 3 Monate, also 833 Euro pro Monat. Eine aus unserer Sicht ungerechtfertigte Benachteiligung Soloselbstständiger, weswegen wir empfehlen, hier nicht der Ansicht der IFB zu folgen, sondern auch als Soloselbständige_r eine Eigenentnahme in den Berechnungen des Liquiditätsengpasses aufzuführen.
Wir gehen fest davon aus, dass die IFB eine solche Angabe dann in ihrer Überprüfung mit Verweis auf ihre FAQs entsprechend wieder streichen wird und die Frage vermutlich am Ende vor Gericht entschieden werden muss. Unklar bleibt, wie das Gericht dann am Ende entscheiden wird.
Aufgrund der oben beschriebenen systemischen Diskrepanz und auch der ungerechtfertigten Benachteiligung lohnt es den Versuch aus unserer Sicht auf jeden Fall.
Wenn ihr es versuchen wollt, so gibt es bei dem Online-Formular der IFB dafür zwei ganz spezielle Felder, in die diese Privatentnahme eingegeben werden muss – und zwar einmal im Feld „tatsächlich angefallene Personalkosten“ und direkt darunter im Feld „Eigenentnahme (fiktiver Unternehmerlohn)“ nochmal. Wenn ihr sie nur im letzten Feld eingebt, wird sie bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses nicht mit einberechnet.
Und ihr solltet einen monatlichen Betrag wählen, den ihr im Zweifel bei einer Überprüfung auch über die vergangenen Jahre vor Corona als durchschnittliche monatliche Eigenentnahme aufgrund eurer Gewinne nach der üblichen Einnahmen-Überschuss-Rechnung fürs Finanzamt begründen und nachweisen bzw. plausibilisieren könnt.
Habt ihr also z.B. in den letzten Jahren vor Corona im Schnitt als Gewinn aus eurer selbstständigen Tätigkeit bei eurer Steuererklärung immer um die 10.000 Euro im Jahr angegeben (und damit umgerechnet ca. 830 Euro pro Monat), könnt ihr nicht jetzt plötzlich 1180 Euro Privatentnahme angeben – auch wenn das in den FAQs der Maximalbetrag ist – sondern solltet dann die 830 Euro nehmen. Und bei sehr stark schwankenden Einnahmen eben z.B. das, was ihr im Schnitt der letzten 3 Jahre immer hättet erreichen können.
Habt ihr aber z.B. regelmäßig immer um die 20.000 Euro im Jahr Gewinn gehabt, solltet ihr es durchaus auch mit einer höheren Entnahme als 1180 Euro pro Monat versuchen (20.000 durch 12 sind immerhin 1666 Euro pro Monat).
Und wenn ihr diese Privatentnahme in euren Liquiditätsengpass einberechnet, dann ist aus unserer Sicht aber auch klar, dass zur Berechnung einer etwaigen Differenz zwischen Liquiditätsengpass und erhaltener Fördersumme dann auch die gesamte Fördersumme, also auch die 2500 Euro pauschale Förderung aus Landesmitteln, mitbetrachtet werden muss.
Hierzu ein Beispiel:
Eine selbstständige Autorin hat insgesamt 4000 Euro Förderung erhalten, davon 2500 Euro aus Landesmitteln und nochmal 1500 Euro aus Bundesmitteln.
Sie macht jetzt eine Gegenüberstellung ihrer tatsächlichen betrieblichen Einnahmen und Ausgaben die grob vereinfacht in etwa so aussehen könnte:
Betriebliche Einnahmen im Förderzeitraum:
Betriebliche Ausgaben im Förderzeitraum:
Sie hatte damit also im Förderzeitraum einen Liquiditätsengpass von 3500 Euro.
Demgegenüber stehen insgesamt Fördermittel in Höhe von 4000 Euro – so dass eine „Überkompensation“ von 500 Euro vorliegt.
Diese 500 Euro sind dann aus unserer Sicht der Betrag, den die Autorin an die IFB zurückzahlen muss – und zu dem sie mit der IFB vereinbart, dafür ab Juni 2022 10 Monate lang je 50 Euro zurückzuzahlen.
Hätte sie kein eigenes Gehalt angegeben, hätte sie einen Liquiditätsengpass von 500 Euro – gegen den dann aber auch „nur“ die 1500 Euro Förderung aus Bundesmitteln gerechnet werden dürfte. Dennoch müsste sie in diesem Fall immerhin 1000 Euro Förderung zurückbezahlen.
Wie gesagt, gehen wir davon aus, dass die IFB auch trotz der Angabe der Eigenentnahme diese vermutlich nicht anerkennen wird und dann die Rechnung mit dem Engpass von 500 Euro gegen die Förderung von 1500 Euro rechnen wird und dementsprechend 1000 Euro an Rückzahlung einfordern. Dagegen könnte die Autorin dann – weil schon lange Jahre ver.di-Mitglied – über ver.di Klage einreichen. In der Hoffnung, dass wir mit unserer Argumentation vor Gericht Recht bekommen – was wie ebenfalls gesagt nicht sicher ist. Aber Versuch macht kluch und wo keine Klägerin da keine Richterin ;-)
Wichtig ist aber, dass die 3000 Euro eigenes Gehalt in dem Beispiel auch wirklich dem durchschnittlichen steuerpflichtigen Einkommen der Autorin aus den letzten Jahren entsprach – d.h. in unserem Beispiel sollte sie die 3000 Euro nur dann angeben, wenn sie z.B. in den letzten 3 Jahren davor auch wirklich im Schnitt immer 12000 Euro steuerpflichtiges Einkommen pro Jahr hatte und das bestenfalls per Steuererklärung auch nachweisen kann.
Mit Angabe der Privatentnahme gedeckt sind aus unserer Sicht dann aber auch eure Ausgaben für Renten- und Krankenversicherung etc. Denn die würdet ihr ja üblicherweise in der Logik auch aus diesem Betrag decken, und nicht noch gesondert aus eurem Betriebskonto bezahlen. Und bei der Einkommens-Überschussrechnung gegenüber dem Finanzamt könnt ihr diese Kosten auch nicht geltend machen, sondern erst später in eurer allgemeinem Einkommensteuererzählung. Es sei denn, es handelt sich um verpflichtende Versicherungen, die ihr bisher auch schon immer in eurer Einnahmen-Überschuss-Rechnung angeben konntet – dann können Sie auch gegenüber der IFB als Betriebskosten geltend gemacht werden.
Die Angaben können ausschließlich über den von der IFB verschickten Link zum Online-Portal erfolgen. Dort müsst ihr euch komplett neu registrieren (euer alter Zugang vom Antrag führt euch hier leider nicht weiter). Ihr bekommt dann an die von euch angegebene Mailadresse einen Bestätigungslink, mit dem ihr euer neues Konto aktiviert und euch dann nochmal erneut einloggen müsst.
Dort müsst ihr dann auf „Neuen Antrag stellen“ klicken und im Auswahlfeld „Bitte wählen Sie eine Förderung aus“ den Punkt „Rückmeldeverfahren HCS“ anklicken.
Dann findet ihr euch auf einem Formular wieder, in dem alle relevanten Positionen eurer betrieblichen Ein- und Ausgaben abgefragt und der daraus entstehende Liquiditätsengpassa automatisch errechnet wird.
Wir haben dieses Formular einmal mit den Angaben aus unserem Beispiel mit der Autorin aus Punkt 5.1.b für euch als Orientierung ausgefüllt – ihr findet es unten als Screenshot.
Wichtig ist hierbei der Hinweis:
Wenn ihr euch entscheidet, eine Privatentnahme mit in die Berechnung mit einzubeziehen, so müsst ihr diese SOWOHL im Feld „tatsächlich angefallene Personalkosten“ als auch im darauffolgenden Feld „Eigenentnahme“ angeben. Nur im letzteren reicht nicht, dann wird der Betrag bei der Berechnung des Liquidätsengpasses nicht berücksichtigt – nur im ersteren wäre falsch, da ihr dann nicht transparent machen würdet, dass es sich bei den Personalkosten ausschließlich um eure Privatentnahme handelt.
Nachweise müssen zunächst nicht erbracht werden – die IFB hat aber angekündigt, diese in stichprobenartigen Prüfungen von Einzelnen per gesondertem Schreiben zu verlangen. Auch hier gilt: Bekommt ihr kein gesondertes Schreiben, müsst ihr nichts weiter einreichen. Aber ihr solltet es für euch und für evtl. weitere Überprüfungen bereithalten.
Und lasst euch bitte nicht von dem letzten Kreuzchen, das ihr unter Erklärungen zum Thema Subventionsbetrug setzen müsst, ins Bockshorn jagen. So lange eure Angaben wahrheitsgemäß und belegbar sind, kann euch niemand zu irgendwas einen Betrug gemäß § 264 StGB vorwerfen. Die bloße Tatsache, dass ihr Angaben macht, die von der Rechtsauffassung der IFB (z.B. zum Thema Eigenentnahme als Solo-Selbstständige oder auch betrieblichen Investionen) abweichen, ist – so lange ihr diese Angaben immer so transparent wie möglich macht, damit die IFB bei ihrer Prüfung ihre gegenteilige Rechtsauffassung anwenden kann - kein Betrug im strafrechtlichen Sinn.
Die Rückmeldefrist wurde von der IFB jetzt bis 30.09.2021 verlängert.
Ggf. ist es möglich, auch dazu per Mail an die IFB eine Fristverlängerung zu beantragen.
Außerdem hat die IFB angekündigt, alle, die sich bis dahin nicht zurückgemeldet haben, zunächst nochmal anzumahnen, bevor sie dann weitere Schritte einleitet.
Alle Coronahilfen, die ihr bekommen habt, müsst ihr bei eurer Steuererklärung als betriebliche Einnahmen angeben. Und zwar für das Jahr, in dem ihr sie erhalten habt – unabhängig davon, ob ihr sie jetzt (teilweise oder ganz) zurückzahlen müsst/musstet. Eine evtl. Rückzahlung könnt ihr dann ebenfalls für das Jahr, in dem ihr sie leistet (bei Ratenzahlung ggf. über mehrere Jahre) als betriebliche Ausgaben angeben.
Müsst ihr eure Soforthilfen bzw. einen Teil davon zurück zahlen und habt dazu einen Bescheid bzw. eine Aufforderung der IFB bekommen (und seht keine Möglichkeit dagegen Einspruch einzulegen oder wollt das nicht), so ist die Aufforderung / der Bescheid immer erstmal so formuliert, dass ihr die Summe auf einen Schlag zurück zahlen sollt.
Es gibt aber die eindeutige Aussage seitens der Finanzbehörde (und zwar in Person durch Finanzsenator Andreas Dressel), dass jede_r Soloselbstständige, dem eine sofortige Rückzahlung nicht möglich ist, die Möglichkeit einer zinsfreien Stundung bis Ende 2022 und einer ebenfalls zinslosen Ratenzahlung bis Ende 2024 bekommt. Diese muss nur gesondert beantragt werden – und zwar per Mail an hcs.rueckforderung@ifbhh.de. Idealerweise mit ein paar Sätzen zur Begründung und dazu, was ihr genau haben wollt (also bspw. zunächst eine Stundung bis zum Datum xxx und danach eine Ratenzahlung in Höhe von xxx Euro über einen Zeitraum von x bis x – je Konkreter, desto eher habt ihr die Chance, dass auch genau darauf eingegangen wird.)
Sofern ihr dabei mit der IFB in Streit geratet, hat Finanzsenator Andreas Dressel per Facebook angekündigt, dass ihr euch auch gerne zur Hilfe im Einzelfall direkt an ihn wenden könnt.
So – das war jetzt ganz schön viel auf einmal – und wie bereits am Anfang beschrieben auch einiges, was im Moment nicht eindeutig zu beantworten ist.
Wir hoffen dennoch, euch für die meisten eurer Fragen eine gute Orientierung geboten zu haben und wünschen euch viel Kraft, gute Nerven und dass eure Selbstständigkeit (wenn nicht schon passiert) langsam, aber sicher wieder Fahrt aufnimmt!
Beste Grüße
Euer Referat Selbstständige in Hamburg